Kopfzeile

Inhalt

Auf Gedeih und Verderb

21. März 2024
Pestizide gefährden die natürliche Vielfalt in den Siedlungen und bei unsachgemässem Gebrauch auch die eigene Gesundheit.

Pestizide werden nicht nur in der Landwirtschaft eingesetzt, sondern auch in Privatgärten, und zwar nicht zu knapp. Dies gefährdet die natürliche Vielfalt in den Siedlungen und bei unsachgemässem Gebrauch auch die eigene Gesundheit.

Sobald im Frühling die ersten Pflanzen zu spriessen beginnen, werden sie vielerorts auch schon wieder weggespritzt. Einige Hobbygärtnerinnen und -gärtner pflegen einen lockeren Umgang mit Pestiziden. Schätzungen zufolge werden in der Schweiz jährlich rund 100 Tonnen Wirkstoffe (das heisst unverdünnte Pestizide) verspritzt.

Diese grosse Menge sollte uns zu denken geben, sind Pestizide doch Stoffe, die in der Umwelt als Gifte wirken und auch für Menschen nicht unbedenklich sind. So steht das Glyphosat, ein Wirkstoff in Totalherbiziden, im Verdacht krebserregend zu sein.

Grossen Schaden richten Pestizide an, wenn sie in Gewässer gelangen. Zahlreiche kleine Wassertiere reagieren nämlich bereits auf kleinste Konzentrationen von Pestiziden. Nicht umsonst beträgt der Grenzwert für Pestizide in Gewässern ein Zehnmillionstel Gramm pro Liter.


ILLEGALE HERBIZIDANWENDUNGEN

Um Gewässer und auch unser Trinkwasser zu schützen, erliess der Bund 2001 ein Gesetz, das die Pestizidanwendung auf Strassen, Wegen, Plätzen, Terrassen und Dächern verbietet. Auf Böden, die eine Humusschicht aufweisen, also zum Beispiel auf Rasen und in Gemüsebeeten, ist die Anwendung zwar nach wie vor gestattet. Das Bundesamt für Umwelt empfiehlt jedoch einen generellen Verzicht.

Während die Gemeinden das Herbizidverbot gut umsetzen, hapert es bei Privaten. Eine Studie aus dem Jahr 2010 zeigte, dass rund 50 Prozent aller Gartenbesitzerinnen und -besitzer noch nie etwas von dem Herbizidverbot gehört hatten. Von den anderen 50 Prozent gab jede fünfte Person an, trotz des Verbots weiterhin Herbizide anzuwenden.

Die grosse Frage, die sich jede und jeder vor der Anwendung eines Herbizids stellen sollte, ist die: Braucht es das Gift wirklich?

 

MANCHMAL BEDEUTET WENIGER MEHR

Was wäre, wenn das unerwünschte Kraut weiterwachsen dürfte? Viele Kräuter, die landläufig als «Unkraut» angesehen werden, bilden sehr hübsche Blüten. So ist zum Beispiel das Rot des Klatschmohns einmalig in unserer heimischen Flora. Die pinke Unterlippe des Schmalblättrigen Hohlzahns weist schöne weisse Zeichnungen auf, während sich in seiner ebenso pinken Oberlippe gerne kleine Insekten verstecken. Betrachtet man die blassblaue Blüte eines Ehrenpreises aus der Nähe, wird man die dunkelblauen Linien entdecken, die im Zentrum der Blüte zusammenlaufen. Sie weisen den Insekten, welche die Blüten besuchen, den Weg. Diese Aufzählung liesse sich noch lange fortsetzen; an jedem Wildkraut, und sei es ein noch so ungeliebtes, ist irgend etwas Schönes oder Spannendes zu entdecken, vielleicht auch ein Insekt, das genau auf diese Pflanze angewiesen ist. Kurz: Die ungeliebten Wildkräuter sorgen für eine bunte Vielfalt – wenn sie denn nicht weggespritzt werden.


WAS KANN ICH TUN?

Es ist gar nicht schwierig, den Amphibien zu helfen!

  • Verzichten Sie im privaten Bereich auf Herbizide.
  • Üben Sie Toleranz gegenüber unerwünschten Kräutern. Lassen Sie auch einmal ein Wildkraut, das landläufig als «Unkraut» gilt, leben und freuen Sie sich an den Blüten.
  • Wenn ein Kraut wirklich weg muss, bekämpfen Sie es mechanisch, das heisst reissen Sie es mitsamt den Wurzeln aus.
  • Im Sportrasen ist Düngung die effektivste Unkrautbekämpfung. Wenn die Gräser dicht wachsen, haben Kräuter kaum Chancen zu keimen.

 

 

Schmalblättriger Holzzahn
Der Schmalblättrige Hohlzahn braucht viel Platz und Licht, um wachsen zu können. Er findet das zum Beispiel im Bahnschotter oder auf Kiesplätzen.
Ehrenpreis-Blüte
Ehrenpreis-Blüte: Die blauen Striche zeigen den Insekten, wo es etwas zu holen gibt.
Gundelrebe
Die Blüten der Gundelrebe sind bei Insekten sehr beliebt. Aurora- und Zitronenfalter zum Beispiel saugen hier gerne Nektar.
Taubnesseln, Ehrenpreis und Löwenzahn
Taubnesseln, Ehrenpreis und Löwenzahn bilden einen bunten Teppich in diesem Rebberg.
Der Klatschmohn wächst mit Vorliebe auf Äckern und Schuttplätzen.

 

ZUR AUTORIN

Barbara Leuthold Hasler arbeitet als selbstständige Biologin und Bergführerin. Mit der Natur vor ihrer Haustür befasst sie sich seit Jahren – nicht nur beruflich, sondern auch als Hobby: zum Beispiel im eigenen Garten und in ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen in Naturschutzgebieten.

 

Die Stadt Illnau-Effretikon hat im Frühling 2022 eine Kampagne gestartet, um die Bevölkerung über den Nutzen und die Schönheit von Biodiversität im Siedlungsraum zu informieren. Monatlich erscheint im «Regio» ein Artikel zum Thema. Dieser Artikel ist am 21. März 2024 erschienen.

Zugehörige Objekte

Name
Auf Gedeih und Verderb Download 0 Auf Gedeih und Verderb